BINA MIRA
Erhält Integrationspreis der Stadt Aachen
Aus einer zahlreichen Anzahl von Vorschlägen für den Integrationspreis der Stadt Aachen im Jahr 2020 wurde u.a. das Projekt „BINA MIRA“ vom Kuratorium zur Vergabe des Integrationspreises der Stadt Aachen für das Jahr 2020 ausgewählt.
Die Theatergruppe der Mies-van-der-Rohe-Schule, das rohestheater, hat im Jahr 2008 das internationale Friedenstheatertreffen zusammen mit dem Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e.V. gegründet und seit 12 Jahren betreut.
Seitdem richteten das Aachener Netzwerk und das rohestheater das Treffen mehrfach in Aachen, Belgien, Bosnien-Herzegowina und Serbien aus und unterstützten das Friedenstheaterfestival mit dem Requirieren finanzieller Mittel und der Rahmenorganisation. Darüber hinaus spielte das rohestheater immer wieder mit seinen Produktionen auf dem Festival im In- und Ausland.
Wir freuen uns über die Auszeichnung des Integrationsrates der Stadt Aachen!
Auf zu Bina Mira!
Vom 17.09.-24.09.2023 hat sich eine Delegation vom rohestheater nach Sid in Serbien begeben, um dort stattfindenden internationalen Bina Mira Friedens-Theaterfestival teilzunehmen, dass wir vor 15 Jahren zusammen mit dem Aachener Netzwerk für humanitäre und interkulturelle Friedensarbeit e.V. 2008 in Tuzla, Bosnien-Herzegowina,
gegründet haben.
Damals hätten wir uns nicht träumen lassen, dass Bina Mira zu solch einem großen Festival hat wachsen können und dass vor allem die Länder des ehemaligen Jugoslawiens, dessen Bürgerkrieg Ausgangspunkt für die Gründung von Bina Mira war, so zahlreich vertreten sind. 11 Gruppen aus 7 Ländern erfüllten das Festival mit ihren Aufführungen und ihrer Teilnahme an den Workshops mit kreativem Leben. Die Verkehrssprache untereinander war in der Regel Englisch, wenn die Muttersprache nicht gleich war, es wurde bei allgemeinen Diskussionen aber immer auch vom Serbo-Kroatisch-Bosnischen ins Deutsche und Englische übersetzt.
Bei den Begegnungen wurde offensichtlich, dass es unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen selten destruktive nationalistische Positionen gibt, sie unterscheiden sich nicht
voneinander, weil sie letztlich alle Europäer sind und in Frieden miteinander leben wollen! Es sind die regierenden Politiker, die ein Zusammenwachsen vor allem verhindern, weil das ihre Macht in Frage stellen würde.
Wir sind froh und dankbar, dass sich unsere Initiative , die vor 15 Jahren begann, hat so entwickeln können: Es lebe „Bina Mira“!
Eckhard Debour
Dieses Jahr feierte das Theaterfestival „Bina Mira“, eine Bühne des Friedens, zehnjähriges Jubiläum in Tuzla, Bosnien-Herzegowina, da, wo es auch vor 10 Jahren begann. Ins Leben wurde es durch das Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit und durch das rohestheater. Über 100 Jugendliche aus Serbien, Polen, Bosnien-Herzegowina, Belgien, Rumänien und Deutschland aus 12 verschiedenen Theatergruppen kamen für eine Woche zusammen, um sich kennenzulernen, auszutauschen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ideen zu teilen und gemeinsam ein Zeichen für den Frieden zu setzen.
Die 12 verschiedenen Theateraufführungen, die durch die Woche begleiteten, waren ebenso vielfältig wie die Teilnehmer des Festivals und behandelten eine Vielzahl an Themen: Von der Kritik an politischen Gegebenheiten, über Aufrufe zu mehr Toleranz und der Auseinandersetzung mit den persönlichen Schranken im Kopf, bis hin zu traditionellen Tänzen. Die meisten Theatergruppen bestanden aus Schülern zwischen 12 und 25 Jahren, die Gesamtschulen, Kunstschulen, Berufsschulen, Musikschulen, Gymnasien oder andere Schulformen besuchen. Ebenfalls vertreten waren eine Traditionstanzgruppe aus Tuzla und eine Theatergruppe von Taubstummen aus Banja Luca.
In sechs verschiedenen Workshops zu den Themen Tanz, Theater, Kunst, Musik und Fotografie bot die Arbeit in Kleingruppen und die Kommunikation über künstlerischen Ausdruck einen weiteren Begegnungsraum. Anlässlich des Weltfriedenstags am 21.09. wurden 100 Kerzen in einer Lichterkette nach Kapja gebracht, um der 71 Jugendlichen zu gedenken, die am 25.05.1995 einem Granatangriff während der Balkankriege zum Opfer fielen. Unterstützt von Teilnehmern des Festivals wurden 650l Kaffee in der größten Kaffeekanne der Welt serviert, was auch zum diesjährigen Motto des Festivals, der Kaffeetasse, inspirierte.
Während der Stadtführungen durch Tuzla und Banja Luca, einer Stadt in Bosnien-Herzegowina, die im Rahmen eines Tagesausflugs erkundet werden konnte, fielen besonders die eindrucksvollen, renovierten Kirchen und Moscheen auf, die die kulturelle Vielfalt verdeutlichten, die aber auch im Kontrast zu der ärmeren Bevölkerung mit einem hohen Anteil Arbeitsloser, standen. Die politisch kritische Lage Bosnien-Herzegowinas wurde auch an anderen Punkten deutlich: Im Dialog mit anderen Jugendlichen kristallisierten sich stellenweise Tabuthemen heraus, die umgangen wurden (z.B. die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe), außerdem wurden die Grenzen, die durch verschiedene Wirtschaftsräume geschaffen werden, durch den Kontrast zwischen Ost- und Westeuropa deutlich bewusster. Trotzdem konnten in ausführliche Gespräche geführt werden, in denen politische und persönliche Probleme diskutiert wurden, da es im direkten Austausch viele Gemeinsamkeiten gab und viele Hoffnungen und Ziele geteilt wurden. Das eigene Weltbild wurde durch das Entwickeln eines Gefühls für die Konflikte anderer Länder erweitert und durch Gespräche wie durch Theaterstücke mit Offenheit und Toleranz bereichert.
„Bina Mira“ hat als Bühne des Friedens und der Hoffnung symbolischen Wert. Das Festival ist ein Anfang für mehr Toleranz, Aufklärung und Austausch und bietet Jugendlichen einen vorurteils-freien Raum, in dem der Frieden ein Stück näher rückt.
Anna Hinz
Jugendfriedenstheaterfestival!
Im Jahr 2008 fuhr das rohestheater angeregt von Heinz Jussen vom Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit nach Tuzla in Bosnien Herzegovina, um dort seine multireligiös angelegte Inszenierung von „Warten auf Godot“ aufzuführen. Die Idee für diese Fahrt war, dass die Folgen
des Bosnienkrieges in einer gezielten Jugendbegegnung aufgearbeitet werden sollten. Anstatt, wie erst geplant, dort eine Freilichtbühne mit dem Titel „bina mira“ , Bühne des Friedens, zu bauen, konnten wir alle Beteiligten davon überzeugen, dass ein Friedenstheaterfestival mit intensiver Jugendbegegnung unter dem Titel „bina mira“ ein sinnvollerer Weg für die Zukunft sei.
Dieser Gedanke hat sich durchgesetzt. Seit dem hat es jährliche Begegnungen und Festivals gegeben an denen wir teilnahmen die wir zwei Mal mit ausgerichtet habenund für die der EU Präsident Martin Schulz u.a. die Schirmherrschaft übernommen hat. In diesem Jahr nun waren wir vom 13.09.-22.09. in Zrenjanin in Serbien bereits 120 Teilnehmer aus 5 Ländern, insgesamt 10 Gruppen, die ihre Produktionen zeigten und anschließend darüber diskutierten. Die Begegnung fand darüber hinaus in den täglichen Theater-, Foto- und Musikwerkstätten statt, wo sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen intensiv austauschen konnten. Was uns besonders gefreut hat, durch die Teilnahme der Kleebachschule aus Aachen-Eilendorf konnte das Festival sich in diesem Jahr auch inklusiv weiterentwickeln.
Eckhard Debour