Gen. 3,5
2000/2001
Im Schuljahr 2001 sollte – hier in unserem Rhythmus bleibend – wieder ein eigenes Stück ohne Vorlage entwickelt werden, das den Titel: „Gen. 3,5 – eritis sicut deus, scientes bonum et malum“ erhielt.

In diesem Jahr sind wir zu den Wurzeln vertexteter menschlicher Sinnstiftung zurückgekehrt und haben uns mit der großen Dramaturgie des Buches Genesis und weiterer alttestamentalischer Texte auseinandergesetzt. Unter dem Arbeitstitel „Bilder von Gut und Böse“ beschäftigten wir uns mit biblischen Weltdeutungsversuchen des Menschen, mit denen er sich das Gelingen und Scheitern seiner Lebenszeit zu erklären versucht. Es entstand ein dramaturgischer Faden, der auf den Schöpfungsmythos, den Sündenfall, die Kain und Abel Geschichte, das Buch Jeremia, das Hohe Lied der Liebe und das Buch Hiob zurückgreift. Ergänzt werden die biblischen Texte durch thematisch verwandte Gedichte von N. Sachs, Celan und Goethe.
„Ihr werdet sein wie Gott und erkennt Gut und Böse!“ (vgl. den Titel) Im Essen vom Baum der Erkenntnis liegt das Geheimnis menschlicher Tragik begründet. „Verführt“ von der Misstrauen gegenüber dem göttlichen Gebot säenden Schlange erkennt der Mensch seine „Nacktheit“, spürt und sieht er ängstlich die Gegensätzlichkeit des Seins, in der er sich befindet und die ihm vormals die tragende Hand Gottes zusammengehalten hatte. Nun steckt er in der Widersprüchlichkeit des Daseins, vor der ihn das Gebot, nicht vom Baum der Erkenntnis essen zu sollen, bewahren wollte. Jetzt aber beginnt für den Gott „Ebenbildlichen“ eigentlich auch erst seine Geschichte, die eine ausweglos erscheinende Geschichte der Suche nach sich selbst und der verlorenen Nähe Gottes sein wird und in der er ohne göttliche Erlösung an kein Ende kommt. Nelly Sachs Gedicht „Ausgeweidet die Zeit“ bündelt zum Schluss das Geschehen in eine Ahnung von Hoffnung, die der Textauszug aus dem Buch Hiob –gegen alle, auch göttliche Widerstände- als Gewissheit verkünden wird.
Wir arbeiteten mit Äxten und Spiegeln als Spielgegenständen. Das Medium Film und Elemente des Tanz- und des Bewegungstheaters sollten helfen, uns dem Thema auf unterschiedlichen Wegen zu nähern.

Mit „Gen. 3,5“ durften wir neben unseren Aufführungen in der Schule erneut bei dem Düsseldorfer Schultheaterfestival „Maskerade“, im Space des Ludwig Forums, bei der „Theaterwoche Korbach“, beim 17. Landesschülertheatertreffen, dem Treffen der Schulkultur NRW, dem Berliner Wissenschaftssommer und bei der ersten Aachener „Nacht der offenen Kirchen“ auftreten. Hierbei war der Auftritt in der Aachener Nicolauskirche der erste große in einer Kirche und deshalb von besonderer Bedeutung, da sich der Gehalt des Stückes dazu aufdrängte, in einem sakralen Raum gespielt zu werden. Mit „Gen. 3,5“ haben wir uns erneut auf einen neuen Weg gemacht und ein ungewöhnliches Stück entwickelt, dessen Wirkung vielleicht z.T. umstritten, auf jeden Fall jedoch nachhaltig gewesen ist.