„Es mag der Sinn von Dichtung sein, den Tod zu schwatzen
und ihn hinzuhalten.“
(G. Tabori)
Zum Stück:
Auf einem jüdischen Friedhof stehen die Toten aus ihren
Gräbern auf und versammeln sich zu einer fiktiven Party
des Todes. Sie begegnen sich selbst als vormaligen Lebenden
und treffen unter der Regie des Totengräbers mit alten
und neuen Nazis zusammen. Sie spielen ihre Erin-nerungen
an gute und an schlechte Zeiten – wider das Vergessen.
Zum Autor:
George Tabori schrieb das Stück 1983 zum 50. Jahrestag
der Machtergreifung Hitlers. Uraufgeführt wurde es in
Bochum: Ein Spiel, voll schmerzhafter Erinnerung und sarkastischem
Humor. Seit der deutsch-britisch-ungarische Dramatiker, Regisseur
und Schauspieler Ende der sechziger Jahre nach Deutschland
kam, beschäftigte er sich mit der Geschichte der Deutschen
und der Juden. Tabori, Jahrgang 1914, verlor seinen Vater
und viele seiner jüdischen Angehörigen in Ausschwitz.
Einzig seine Mutter entkam durch einen Zufall der Deportation.
Zur Gruppe:
Unter dem Namen rohestheater kommen die SchauspielerInnen
und die Technik von Ehemaligen der Theatergruppe der Mies-van-der-Rohe-Schule
Aachen zusammen, die hier zum ersten Mal nach nunmehr zehn
Schulproduktionen in dieser Besetzung zusammenspielen.
Der Älteste ist 27, der Jüngste 20 Jahre alt,
sie umfassen die zehn letzten Abiturjahrgänge. Da
die Beteiligten nicht mehr alle in Aachen leben, proben
wir komprimiert an Wochenenden in Probenblöcken.
Gedanken zur Inszenierung:
Ein Schrei nach Leben – kein Grund zu feiern?
Mit dem Stück „Jubiläum“ kehrt G. Tabori
zu den Wurzeln des Theaters als religiöser Kulthandlung
zurück und feiert für und mit den Zuschauern auf
dem „Friedhof“ ein tragisches Fest des menschlichen
Lebens.
Die konzentrierende, nationalsozialistische Lebensvernichtung
ist im heutzeitigen (Welt-) Gedächtnis zu einer Art
pseudoreligiösem Ereignis herangereift, in dem wir unseren
Weltschmerz wie in einem Tabernakel aufzubewahren versuchen.
Als „schützenswertes Weltkulturerbe“ wird
die millionenfache Vergasung unterschiedlichs-ter Menschen
zu einem der letzten Tabus sakralisiert.
Tabori bricht dies in seinem Stück „Jubiläum“ in
der jüdischen Tradition - mit dem Entsetzen Scherze
zu treiben - und ermöglicht so Schauspielern und Zuschauern
die Katharsis.
„
Entheiligt“ wird das damalige Geschehen uns heute zu
einem existentiellen Nachvollzug, der auf Schuldsprüche
verzichtet und uns die unentrinnbare Tragik menschlichen
Seins auch von ihrer komischen Seite vor Augen führt.
Im hoffentlich authentischen Spiel wird der Schauspieler
zum Mittler. Wir durchleben sinnlich erfahrbar – mitleidend – die
paradoxe Verfasstheit unseres Daseins und können so
mit ihm kurzzeitig - Erlösung ahnend - Frieden schließen.
Der Bach-Choral „Den Tod niemand zwingen kunnt“ wird
in unserer Inszenierung zum Leitmotiv. Wenn Tabori am Ende
des Stückes die Schauspieler miteinander das Brot brechen
lässt, wird vielleicht verständlich, warum wir
hier J.S. Bachs „Ciaconne“ für Violine und
seinen Choral „Christ lag in Todesbanden“ für
4 Stimmen zu Gehör bringen.
"Wir sind halt komische Leut"
Besondere Aufführungen: