1997 / 1998
In Sehnsucht eingehüllt
In Sehnsucht eingehüllt
Das Stück basiert auf den Gedichten der Czernowitzer Jüdin Selma Meerbaum-Eisinger und dem Gedicht "Todesfuge" ihres Onkels Paul Celan. Erschienen sind ihre Gedichte im Fischer Taschenbuchverlag unter dem Titel "Ich bin in Sehnsucht eingehüllt".
Verfasst wurden die Texte über einen Zeitraum von 2 Jahren, vom 25.12.39 - 23.12.41, am 16.12.42 stirbt Selma im NS Arbeitslager Michailowska im Alter von 18 Jahren an Flecktyphus.
Die handgeschriebenen, in deutscher Sprache verfassten Gedichte sind auf abenteuerliche Weise über Freund und Freundin nach Israel gelangt und dort eher zufällig entdeckt und in Deutschland veröffentlicht worden. Sie thematisieren überwiegend die Erfahrung einer unglücklichen Liebe, die Vernichtung der Juden bildet ihren zeitgeschichtlichen Kontext, sie wird aber nur selten ausdrücklich angesprochen.
"Es ist eine Lyrik, die man weinend vor Aufregung liest: so rein, so hell und so bedroht."
Hilde Domin
Wir haben diese Textvorlage zum Gegenstand unserer Erarbeitung genommen, weil wir dachten, dass unabhängig vom Holocaust die Erfahrungen eines 18-jährigen Mädchens unseren eigenen nicht unverwandt seien. Über die monatelange Auseinandersetzung mussten wir diese Vorstellung z.T. sicherlich revidieren, es blieb jedoch eine große emotionale Verbundenheit mit diesen wunderschönen Gedichten.
Ziel unserer Arbeit ist der Versuch einer Dramatisierung ihrer Gedichte durch eine tanz-, sprech-, bewegungs- und musiktheatrale Bebilderung, die dem Zuschauer unser "Portrait" Selmas vermittelt. Es kommen Instrumente, Musik aus der Konserve und diverse Geräusche zum Einsatz, des Weiteren entsteht während der Aufführung eine 2 mal 3 Meter große Kohlezeichnung, die eine Zeichnung kopiert, die den Moment der Bergung der Leiche Selmas authentisch festhielt. Eine theatral eingebaute Diaprojektion eines Photos und einer Handschrift Selmas rundet unsere szenische Visualisierung ab. Auf diese Weise wollen wir einen "Augenblick" lang unsere Vorstellung von Selma sichtbar werden lassen.
Angeregt wurden wir zu unserem Stück 1996 durch eine eigene szenische Visualisierung des Gedichtes "Märchen" vom Selma Meerbaum-Eisinger anlässlich der Gedenkfeier der Gesellschaft für jüdisch-christliche Zusammenarbeit zur Progromnacht des 9. Nov. 1938. Dieses Jahr jährt sich das zerstörerische Ereignis zum 60. Mal, für uns ein Grund zur Entwicklung unseres Stückes. Darüber hinaus bietet uns die bundesweit umstrittene und deshalb notwendige "Wehrmachtsausstellung", die im April und Mai nach Aachen kommen wird, ebenfalls einen sinnvollen Anlass für unser Stück, weshalb die diesjährigen Aufführungen im SPACE auch im Rahmenprogramm der "Wehrmachtsausstellung" stehen.
Besondere Aufführungen:
- Aufführung bei unserer Partnerschule in Naumburg
- Teilnahme an der "Woche der Schulkultur" NRW
- Theaterwoche Korbach 98
- Gestaltung der Abschlussveranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum "NRW - ISRAEL 98: Wege der Verständigung - Brücken bauen" in der Stadthalle Wuppertal
- Aufführung in der Aachener Synagoge
Es spielten:
Tobias Brenk, Thomas Bültmann, Andrea Finken, Nadine Frisse, Philipp Fröhlig, Carlo Hennig, Sussan Hossein ali Beigi, Agnes Joest, Helena Kreimermann, Oliver Medvey, Morad Sadequi, Udo Sistermann, Robin Thevis, Myle Tu, Katrin Zimmermann
Musik:
Tobias Brenk (Klarinette) und die Technik
Technik:
Marcel Haensch, Jürgen Kaiser, Daniel Kraiker, Thomas Schipke
Bühnenbild:
Wilfried Schumacher und die Technik
Plakat:
Wilfried Schumacher, Paul Pösges
Fotos und Video:
Wilfried Schumacher
Regie:
Eckhard Debour