2001 / 2002
Jubiläum
Jubiläum
„Es mag der Sinn von Dichtung sein, den Tod zu schwatzen und ihn hinzuhalten.“
(G. Tabori)
Zum Stück:
Auf einem jüdischen Friedhof stehen die Toten aus ihren Gräbern auf und versammeln sich zu einer fiktiven Party des Todes. Sie begegnen sich selbst als vormaligen Lebenden und treffen unter der Regie des Totengräbers mit alten und neuen Nazis zusammen. Sie spielen ihre Erin-nerungen an gute und an schlechte Zeiten – wider das Vergessen.
Zum Autor:
George Tabori schrieb das Stück 1983 zum 50. Jahrestag der Machtergreifung Hitlers. Uraufgeführt wurde es in Bochum: Ein Spiel, voll schmerzhafter Erinnerung und sarkastischem Humor. Seit der deutsch-britisch-ungarische Dramatiker, Regisseur und Schauspieler Ende der sechziger Jahre nach Deutschland kam, beschäftigte er sich mit der Geschichte der Deutschen und der Juden. Tabori, Jahrgang 1914, verlor seinen Vater und viele seiner jüdischen Angehörigen in Ausschwitz. Einzig seine Mutter entkam durch einen Zufall der Deportation.
Zur Gruppe:
Unter dem Namen rohestheater kommen die SchauspielerInnen und die Technik von Ehemaligen der Theatergruppe der Mies-van-der-Rohe-Schule Aachen zusammen, die hier zum ersten Mal nach nunmehr zehn Schulproduktionen in dieser Besetzung zusammenspielen. Der Älteste ist 27, der Jüngste 20 Jahre alt, sie umfassen die zehn letzten Abiturjahrgänge. Da die Beteiligten nicht mehr alle in Aachen leben, proben wir komprimiert an Wochenenden in Probenblöcken.
Gedanken zur Inszenierung:
Ein Schrei nach Leben – kein Grund zu feiern?
Mit dem Stück „Jubiläum“ kehrt G. Tabori zu den Wurzeln des Theaters als religiöser Kulthandlung zurück und feiert für und mit den Zuschauern auf dem „Friedhof“ ein tragisches Fest des menschlichen Lebens.
Die konzentrierende, nationalsozialistische Lebensvernichtung ist im heutzeitigen (Welt-) Gedächtnis zu einer Art pseudoreligiösem Ereignis herangereift, in dem wir unseren Weltschmerz wie in einem Tabernakel aufzubewahren versuchen.
Als „schützenswertes Weltkulturerbe“ wird die millionenfache Vergasung unterschiedlichs-ter Menschen zu einem der letzten Tabus sakralisiert.
Tabori bricht dies in seinem Stück „Jubiläum“ in der jüdischen Tradition - mit dem Entsetzen Scherze zu treiben - und ermöglicht so Schauspielern und Zuschauern die Katharsis.
„ Entheiligt“ wird das damalige Geschehen uns heute zu einem existentiellen Nachvollzug, der auf Schuldsprüche verzichtet und uns die unentrinnbare Tragik menschlichen Seins auch von ihrer komischen Seite vor Augen führt.
Im hoffentlich authentischen Spiel wird der Schauspieler zum Mittler. Wir durchleben sinnlich erfahrbar – mitleidend – die paradoxe Verfasstheit unseres Daseins und können so mit ihm kurzzeitig - Erlösung ahnend - Frieden schließen.
Der Bach-Choral „Den Tod niemand zwingen kunnt“ wird in unserer Inszenierung zum Leitmotiv. Wenn Tabori am Ende des Stückes die Schauspieler miteinander das Brot brechen lässt, wird vielleicht verständlich, warum wir hier J.S. Bachs „Ciaconne“ für Violine und seinen Choral „Christ lag in Todesbanden“ für 4 Stimmen zu Gehör bringen.
"Wir sind halt komische Leut"
Besondere Aufführungen:
- "Casanuova" Figline-Valdarno/Italien
- "Klangbrücke" im Rahmen der Aachener Friedenstage
- Kellergeschoss des Berufkollegs für Technik und Gestaltung
- Theaterwoche Korbach
- Theater 99 Aachen
- Internationaler Theatertreff Lörrach
Es Spielten:
Arnold, ein Musiker: Udo Sistermann
Lotte, seine Frau: Helena Kreimermann
Mizi, ihre Nichte, Spastikerin: Sussan Hossein Ali Beigi
Otto, ein Friseur: Philipp Fröhlig
Helmut, seine Frau: Carlo Blatz - Hennig
Jürgen, Helmuts Neffe: Robin Thevis
Der Geist von Arnolds Vater: Udo Sistermann
Wumpf, ein Totengräber: Michael Vonderbank
Bühnenbild:
Wilfried Schumacher, Eckhard Debour
Technik:
Stephan Renkens, Wilfried Schumacher
Plakat:
Wilfried Schumacher, Power + Radach, Druckerei Küsters
Fotos & Video:
Wilfried Schumacher
Programmheft:
Wilfried Schumacher, Eckhard Debour
Regie:
Eckhard Debour
Wir danken der Druckerei Küsters, Power + Radach, der Mies-van-der-Rohe-Schule und dem Berufskolleg für Gestaltung und Technik sowie der Bezirksarbeitsgemeinschaft für Jugend-arbeit an Berufskollegs Aachen.