2013 / 2014
1914-2014 - HURRA
1914-2014 - HURRA
Aus Anlass des hundertsten Gedenkjahres des 1. Weltkriegs unternimmt das rohestheater im Produktionsjahr 2013/2014 den Versuch, das „Unspielbare“ mit einer Eigenproduktion, einer Textkollage, auf die Bühne zu bringen. Ausgehend von historischen und gegenwärtigen Feldpostbriefen, mit Gedichten, Hymnen, Liedern und Romanauszügen aus Remarques Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“, Todenhöfers Afghanistanbericht „Du sollst nicht töten“ und Clairs Einsatzbericht „ Vier Tage im November“ als Soldat in Afghanistan schlagen wir mit unserer Eigenproduktion einen choreographischen Kriegsbogen von der Vergangenheit bis in die Gegenwart. Hundertjahre (Welt-)krieg - wir singen, spielen, tanzen und hinterfragen so den Krieg. In unserer eigenen Theatergeschichte gehen wir zu den Wurzeln zurück, mit denen das rohestheater 1991 begann, einer Theaterperformance zum 1. Irakkrieg auf der Basis von selbst geschriebenen Gedichten der Schüler. Heute wollen wir uns das Thema neu anschauen.
In den 23 Jahren unseres Bestehens spielten wir immer wieder im kulturellen Rahmenprogramm des Aachener Friedenspreises und begründeten das internationale europäische Friedenstheaterfestival „bina mira“ mit. Theater war und ist für uns also immer auch politisch.
Zur Vorbereitung auf die diesjährige Produktion haben wir uns die Stätten des Grauens in unserem Nachbarland Belgien angeschaut und sind über den Weltfriedenstag, dem 21. September 2013 zur internationalen Friedenstheaterwerkstatt von bina mira nach Odzak, in Bosnien Herzegowina angereist. Dort haben wir mit bosnischen, serbischen und kroatischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gemeinsam Theater zum Thema Krieg entwickelt, das sich indirekt auch in „1914–2014 – HURRA“ wiederfindet. Darüber hinaus sind wir Mitorganisatoren des 4. internationale Friedenstheatertreffen „bina mira“ über den Weltfriedenstag vom 20.-27.09.2014 in Aachen.
Für die diesjährige Produktion haben wir einen umbauten Spielraum entwickelt, der die Zuschauer in das Geschehen so einbindet, dass sie unmittelbar am Bühnenrand zu beiden Längsseiten sich gegenüber sitzen, so dass die Schauspieler in der Mitte zwischen ihnen agieren. Das Anverwandeln der Feldpostbriefe durch 20 junge Schauspieler und Schauspielerinnen, von denen jede(r) jeweils mit einem historischen und einem aktuellen Brief auftritt, erfordert für diese Bühnenkonzeption und unser Stück z.T. ausgefallene dramaturgische und inszenatorische Ideen, von denen wir hoffen, dass sie aufgehen.
Eckhard Debour
Fotos und Video:
Lukas Friese, Wilfried Schumacher
Plakat und Programmheft:
Lukas Friese
Schauspiel:
Patrik Achtelik, Philipp Achten, Andreas Eichler, Guilia Valter, Till Gutmann, Andrea Kafka, Kilian Kean, Christina Krupp, Max Mertens, Fabian Mohr, Theresa Mohr, Nicole Mrozik, Tobias Näthke, Till Neukamp, Julian Schmitt, Lukas Schröder; Saskaia Simons, Manuel Tschernik, Jacob von Byern, Marek von Salzen
Musik:
Igor Strawinsky, Fragmente aus „Sacre du printemps“; Die Wacht am Rhein; Heil Dir im Siegerkranz; La Marseillaise, „God Save the King“; Muss I denn; Jimi Hendrix, The star-splangled banner; Adeste fidelis; Konstantin Wecker, Der Waffenhändlertango
Technik:
Sven Engels, Lukas Friese, Tobias Frings, Oliver Goebel, Louis Griepentrog, Raphael Groß, Ismail Jasarov, Jonas Kähler, Jens Keulartz, Luca Manzoni, Thies Marheineke, Simon Mauring, Marius Reyer, Sebastian Schmitz, Daniel Windech, Alexander Peeters, Manuel Kleen (Leiter), Jens Richardt (Leiter), Wilfried Schumacher
Regiebegleitung und Rollenarbeit:
Elena Hackbarth, Sarah Mertes
Dramaturgie und Regie:
Eckhard Debour
Programmheft
Die Geschichte von 1914 – 2014 HURRA begann während der Theaterwoche Korbach 2013. Axel Mertens, der Spielleiter der Schultheatergruppe pocomania aus Grevenbroich und ich haben sich aus Anlass des kommenden Gedenkjahres 2014 zusammengesetzt und ausgemacht, dass das rohestheater und pocomania jeweils zum 1. Weltkrieg parallel ein Theaterstück entwickeln werden, da im kommenden Jahr über den Weltfriedenstag, also am 21.09.2014 das vom rohestheater und dem Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e.V. gegründete und organisierte Friedenstheaterfestival bina mira stattfinden wird. Hierzu fuhren wir mit unseren Schülern im September nach Odzak in Bosnien zum Vorbereitungstreffen. Gemeinsam gaben wir dort eine Theaterwerkstatt zum Thema „1914 / 2014 – 100 Jahre Weltkrieg“, die auch den Ausgangspunkt für unsere jeweiligen Produktionen bildete. Die Werkstatt fand überwiegend im Freien und auf der Straße statt und hatte zum Abschluss dort auch eine abendliche Theaterperformance. Die bosnischen und deutschen Jugendlichen kamen aus den verschiedenen Gruppen und die zentrale Verständigung war in Englisch.
Danach besuchten Teile unserer Gruppen gemeinsam die Schützengräben in Ypern und entwickelten das jeweilige Stück, pocomania …als wär’s ein Stück von mir und wir 1914 – 2014 HURRA. Beide setzten sich auf der Basis von Feldpostbriefen mit dem 1. Weltkrieg auseinander, wir weiteten das Thema mit Feldpostbriefen der jüngsten deutschen Kriegsgeschichte auf die Gegenwart hin aus. Beide kamen in Berlin in die Endrunde und pocomania erhielt den Zuschlag auf dem Theatertreffen der Jugend zu spielen. Während beide Produktionen in Korbach jeweils Anfang und Ende des Festivals bildeten, erhielt das rohestheater noch die Einladung zum Landesschülertheatertreffen Maulhelden in Düsseldorf, wo wir weitere sehr gute nordrhein-westfälische Theaterproduktionen zu sehen bekamen. Den Abschluss unserer Spielsaison und vielleicht auch seinen Höhepunkt bildete dann das vom rohestheater mit organisierte internationale Friedenstheatertreffen bina mira. Hier begegneten sich über eine Woche hin 120 Jugendliche und junge Erwachsenen aus Bosnien, Serbien, Deutschland und Frankreich (4 Schüler und 2 Kolleginnen unserer Partnerschule aus Reims) in Theaterwerkstätten zum Thema 1914 . 2014. Gegenseitig zeigten sie sich ihre Produktionen und diskutierten miteinander darüber in anschließenden Nachgefragt- Runden. Da im Stadttheater zur Eröffnung das Stück von pocomania nicht nachbesprochen werden konnte fand auf unserer aus angebrannten Bohlen gebauten „Schützengrabenbühne“ die gemeinsame Besprechung unserer Stücke statt, die aufgrund der z.T. kriegsbetroffenen Teilnehmer aus Bosnien eine besondere Dichte hatte. Ein schöner und sinnträchtiger Abschluss von einem gemeinsamen Theaterjahr.
1914 – 2014 HURRA wurde insgesamt 17 Mal aufgeführt, so oft, wie kaum ein anderes Stück, und wir hätten es aufgrund der nicht nachlassenden Nachfrage sicherlich noch öfter spielen können.
In der Co- Regie arbeiteten Sarah Mertes, die während der Spielzeit den kleinen Bosse zur Welt brachte, und erneut Elena Hackbarth mit. Bei allen dreien wollen wir uns hier noch einmal ganz herzlich bedanken!